Mexico City im Februar 2024
mis días con dios mexicanos
meine Tage mit mexikanischen Göttern
der Gott des Verkehrs
dios de trafico
der Gott
der pollution
der overcrowdness
des allmählichen Versinkens
einer Stadt
einst von Azteken
auf Wasser gebaut
(wo ist das Wasser?)
eine „magische“ Stadt
witzelt ein Guide
so schnell wie deine
Kreditkarte hier
verschwindet
Kriminalität, Drogen,
Femizide, desaparecidos
news from Mexico
ich bereite mich vor
„komm heil wieder zurück“
„ui, das ist mutig“
Der Driver wartet.
Abend. Hotel.
echt vintage, altkoloniale Architektur
Holzelevator, Galerien im Innenhof
die Zimmer an
Blumengeländern
und Licht
Tür lässt sich schlecht schließen
Kette
Fenster zur Außengalerie
Safe funktioniert nicht
nur einige Nummern könne ich benutzen
der Hausmeister spricht
nur spanisch
und lächelt
ich probiere mehrere Varianten
despacito
sagt der Hausmeister
und no dippdipp
ich zeige Tür und Fenster
safe?
er zuckt die Schultern
sagt was von Überwachung
ob ich doch tausend Euro
mehr hätte investieren sollen?
das Frühstück ist includo
dicke Pfannkuchen
harte Tacovarianten
immer viel Queso
in den ersten Tagen
weiß ich nicht
was ich essen soll
man warnte mich vor
üblichen Magen-Darm-Malaisen
Zähneputzen mit
Flaschenwasser
zweimal gehe ich zu
McDonald
(„Mexiko me encanta“)
Bestellung failed
fries?
ah, papas grande
heißt das hier
coke ohne Eis
por favor
sin hielo
oder hieß das anders
immerhin bin ich satt
setze mich in den Turibus
und fahre kreuz und
quer durch die Stadt
Höllenlärm
Stau, skyscrapers
riesige Kathedralen
„de mundo“
schallt es
aus den Lautsprechern
schlafe immer wieder ein
jetlag
ach so
natürlich Sonnenbrille,
Kappe
schlafe wieder ein
wir fahren durch das
alto clase – Viertel
Polanca
Milliardärsmuseum
güldene Kommerzedificios
Hundesitter
ich vermisse meinen Hund
meine Dogsitterin in
Deutschland
schreibt mir,
dass er schon zwei Tage
weine
beim kolossalen
Auditorio
steige ich mal aus
Konzerthalle
„de mundo“
sechsspurige Paseo de Reforma
über eine Straße
gehen
verlangt Geduld
be careful, Lady
die Pflaster sind tückisch
schräge Gehwege
Löcher
Hupen, Schrillen, Schreien
was schreien sie?
ach so
sie verkaufen
oh – Blaubeeren
und Frases
wie gern würde ich Früchte essen
aber geht das?
betäubt
vom Megaphon-Marketing
heisere
laute
bedrohliche
Rufe
Jaguare
seien das
verstehe ich die
Straßenverkäuferin
ach so, eine Art tönernes
Geräuschinstrument
Jaguare und Eulen
ich sehe die
grüne und rote Keramik
versuche das zu spielen
ich lache
das klingt gut
cuarenta y cinque pesos
vielleicht für eine der Töchter
oder die nietas
TochterTöchter
mein erstes Souvenir
ich schlendere weiter
und trinke schon wieder
Cola
die Rache des Monteczumas
heißt das doch bei uns
jeje, der Aztekenkönig
ich erreiche das
Museo de Antropología
und –
bin überwältigt
Pyramidenwände
imposant
prehispanic
von antiken indigenen
Völkern
Skulpturen
Götter
noch nie
gehört
Namen schwer
auszusprechen und
zu merken
Nahuatl heißt eine der Sprachen
Huitzilopochtli – der Kriegsgott der Azteken
ihr Patron
die gefiederte Schlange
Quetzalcóatl
unglaubliche Menschheitsgeschichte
sie bauten Pyramiden
auf denen Tempel standen
ineinander verschachtelte Lavagesteinsformationen
die den Erdbeben standhielten
vorchristliche Nachhaltigkeit
hunderte Meter breite Basis
Götter der Creación,
des Regens
riesige Penisse
Geschirr
Mesoamericanas
wie wenig wir wissen
außerhalb unseres
Abendlandes
nach mehreren Stunden
bin ich um einige Kilos
Bücher schwerer
auf dem Zócalo
tanzen die Concheros
mit ihren Muschelrasseln
an den Beinen
prächtige Masken
du darfst dich einräuchern
lassen von ihnen
copal und pirul
heißt das Räucherwerk
Trommeln und Flöten
auf dem Rückweg
das ernste Gesicht
einer Kindfrau
pralles Baby
manche rauchen
im Smog
der Engel der
indepencencia
Altar des Vaterlandes
patria
ich treffe Jozan
schwarzer Hut
rosafarbenes T-Shirt
Historiker der Gastronomie
und der menschlichen
Ängste
in einer kilometerlangen
Avenida
zeigt er mir die Geschäfte
für die Quinzeras
die Fünfzehnjährigen
deren weibliches Erwachsensein
mit kostspieligen Festen
gefeiert werden
2000 – 20000 Dollar
lassen die Eltern sich das kosten
sagt Jozan
und die sogenannten
Chambelanes
sind junge Männer
die für gutes Geld
verpflichtet werden
mit diesen prezios
gekleideten Glitzerfrauen
in Petticoats
zu tanzen
so habe er das auch
gemacht, lacht er
und verbeugt sich
der große Turm der Azteken
zufällig bei Bauarbeiten
für die Metro
gefunden
Tempelpyramide der
Azteken
Cortéz, die Conquistadores,
haben alles zerstört im
Zentrum
mit den Steinen der Pyramiden
bauten sie ihre
voluminösen
katholischen
Kathedralen
historical recycling
sagt Jozan
jaja, die Azteken haben
Menschen geopfert
50000 warriors pro Jahr
Blut, Herz, Leben für die Götter
(wie viele hundertausende Soldaten werden gerade
in aktuellen Kriegen geopfert?)
die meisten dieser warriors
waren aus dem Umland
von anderen Völkern
die von den Azteken
unterdrückt wurden
deshalb machten die
dann auch gemeinsame
Sache mit den Conquistadores
um die Azteken
loszuwerden
keine zwei Jahre dauerte
ihre Vernichtung
Reiches Land
sagt Natascha,
russische Britin
mit Münchner Kindl-Wurzeln
sie kauft sich ein schweres Kollier
aus Silber und
Obsidian
Passt
auch so eine exploring Lady
Austausch über unsere neuesten
Erkenntnisse
Sie ist (u.a.) rigger
Bühnentechnikerin, Takelage
für Scheinwerfer & Co
grad tourt sie mit Bryan Adams
durch die Welt
auch oceansailor u.a.
Bloß keine Nachrichten
sagt sie
du musst nur wissen
wohin das Geld fließt
dann weißt du
wer warum
was erobern will
Wollte Muttern nach England holen,
aber sie liebt den,
den Putin,
sie könne jetzt anständig leben
nach dem Elend in den Neunzigern
Moskau ist schön
günstiges Essen
Gratis-Kuren für die Rentnerin
Was die Tante wieder
alles erzählt
sagt Natascha
nachdem eine Verkäuferin
sie übers Ohr hauen will
the city is sinking
die alten Gebäude von Mexico Ciudad
manche schon mehr als einen halben Meter in Schieflage
die Virgen de Guadelupe
in ihrer zehntausend Katholiken fassenden Basilica
wird von unterirdischer Hydraulik
in Balance gehalten
Wir können das Problem
nicht lösen
nur kontrollieren
sagt der Architekt
Place de la Constitutión
Zócalo
erbaut nach einer Prophezeiung
wo ein Adler auf einem Kaktus
eine Schlange frisst
auf einer Insel
inmitten von Seen
Tenochtitlan
Die Azteken kamen
vom Norden
Arizona, Utah
(wo sind eigentlich die Tequila-Zäune
der Mexikaner
um andere
von ihrem Territorium
fernzuhalten ?)
Frida Kahlo – bohemian Superstar
perfektes Storytelling
in ihrer casa azul
Betörendes Blumenlächeln
Diego Rivera
küsst ihr dauernd die Hand
Zweimal waren sie verheiratet
Zwischendurch liebte er mal
ihre jüngste Schwester
Polio, Unfall, große Malerei, Korsett und die Farben
Draußen wütet eine Teermaschine
Die Straße dampft
Einen mexikanischen Kaffee
OLLA
Sommerliches Weihnachten auf der Zunge
Cinnamon und Cardamon
Dazu einen Churro mit créme fraĭche
knabbern
Coyoten sind auch Nationbuilder
Coyoacán heißt das Viertel
In Xochimilco
wo der nackte Axolotl seinen exklusiven Wohnsitz hat
befreunde ich mich
mit zwei kühnen Taiwanesinnen
Ärztin und was mit Filmindustrie
Sie bestellen Micheladas
mit allem was geht:
Beefblood, Tequila, Mole (local Sauce), Chocolate
Wir lassen uns in einem bunten Boot
durch die Kanallandschaft gondeln
Wie in Venedig
Aber hier musizieren routinierte Mariachis
Schwarzer Cowboy-Style mit Silberbeschlägen
Einmal spielen sie einen Son
Das ist schön
Chinesisches Neujahrsfest. Holidays
prosten die Ladies aus Taiwan
Sie cruisen im Landrover
durch reißende Flüsse und angeln (?)
etwas in der Größe von Blauwalen
entnehme ich ihren Bewegungen
ihnen fällt nur das chinesische Wort dafür ein
Solle unbedingt auch nach Japan reisen
empfehlen sie
Ihre Eltern sind grad so besorgt
die Menschen hier sind calm and kind
sage ich
salud
we should not hear so much US-news,
meinen sie
Später, Freitagnacht,
als wir aus dem Bus steigen
Party im Centro Historico
El Palacio des Bellas Artes
in Festbeleuchung
Be careful, Paula
Doppelte Umarmung
Die Touris halten ihre Rucksäcke
vor den Bäuchen
Policía paradiert
überall Security
Auf der Konsti in Frankfurt
ist es vermutlich gefährlicher
hast du heute Morgen
die beiden kleinen Erdbeben gespürt?
mein Spiegel klirrte
Vibrieren
meistens spüren wir sie gar nicht
die drei Erdbeben täglich
Die UNAM ist eine Universität als City
ganze Gebäude
wie die Library
bemalt mit Mexicos Geschichte
Murales –
eine spezifische Kunstform
auf Mauern gemalte Bildung
für alle verständlich
Die Grande Tres
Rivera, Siqueiros, Orozco
Orozco ist eine Entdeckung
ein Nihilist als Muralist
Alle Ideologien in den Müll
malt er
Kirche, Kommunismus, Kapitalismus
Basura
und das schon in den zwanziger Jahren
vor hundert Jahren,
im 19. Jahrhundert
bereits
in der mexikanischen Verfassung
die Trennung
von Kirche und Staat
(wirken wir dagegen nicht
unterentwickelt ?)
Emiliano,
dicker schwarzer Haarzopf
bis zur Hüfte,
erzählt uns die
kunsthistorischen Hintergründe des
Palacio des Bellas Artes
Diktator Porfirio Díaz
mit Faible für europäisches Art Deco
Wieso Diktator
will eine New Yorkerin wissen
er habe doch wealthy ins Land gebracht
Per definitionem
erklärt Emiliano,
ist ein Diktator einer
der sich irgendwann nicht mehr wählen lässt,
sondern sich selbst wählt
über 30 Jahre lang
dann Revolution
Wallendes Wandgemälde
von Siqueiros
drei Räume
über den Dächern der Stadt
Schloss Chapultepec
Revolutinonäre
marschieren
gegen
Díaz
Er muss ins Exil
France.
stirbt.
Vor ihm
wohnte
der habsburgische
Kaiser Maximilian
hier
mit seiner siebzehnjährigen Gattin Charlotte
aufgeklärtes Herrscherpaar
Vielsprachig
lernen sie auch die
Sprachen der Indigenen
Aber die Insurgentes,
die Aufständischen,
wollen den
kolonialen Kaiser nicht
Nach zwei Jahren
wird er erschossen
Charlotte wahnsinnig
Isaak
hat hier ein Praktikum
gemacht.
Deswegen werden wir nicht kontrolliert
Du darfst Wasserflaschen
im Rucksack tragen
Die nettesten Cops der Welt,
strahlt Isaak
Jimena schwärmt für
authentic mexican food
Die Gruppe ist sofort
lachend dabei.
Zwei Paare aus Sarajewo-
Mein nächstes Reiseziel
(sind sie erstaunt?)
Feinheiten des Meczals,
diverse Tequila-Varianten
pulque aus Kaktus
(mild wie Bier,
wird immer betont)
Agaven lieferten
die ersten Fasern,
Papier und
diese zu vergärenden
Flüssigkeiten
Schließlich
geröstete Heuschrecken
in Lemon-Chili
Ich spüre ihre Beinchen
auf der Zunge
eine Ameisensorte
gehöre ebenfalls zur
mexikanischen Kulinarik
Im Mercado de San Juan
gibt es sogar
Löwen-Burger
ecológical
natürlich
Früchte
und Mariscos
Immer wieder
alles Mögliche
aus Mais
Der Maisgott
hat einen guten Ruf
inzwischen wage ich auch
Streetfood
kräftige Sopas, Quesadillas
Bei Chalula und Puebla
thronen wie anmutig
die beiden
über fünftausend Meter hohen
Popocatépetl
und
Iztaccíhuatl
Auf der größten Pyramidenbasis
der Welt,
400 Meter breit,
eine Kirche.
Überwachsene Pyramiden
hielten die Conquistadoren
für Berge
und ließen sie
unzerstört
Vulcano
und
Vulcana
tragen Wolken und
sehen gut aus
kleinere und größere
Ausbrüche
immer wieder
Evakuierungen
Flugausfälle
indigene Schamanen
können Gott Popocatépetl
besänftigen
Santa María Tonantzintla
ist doppelt:
Kirche und Tempel
Irgendwann hatten die Franziskaner
den indigen Gläubigen erlaubt,
ihre Religion synkretisch
in den Katholizismus
zu integrieren.
El paraiso
mexikanischer Barock
churriguerresco.
Die indigene Hauptgöttin ist Mutter Natur.
Tonantzin war schon immer da.
Anders als der Gott der Conquistadoren,
er hat alles erschaffen.
El centro del universo
Schon die antiken indigenen Völker
viele Jahrhunderte
vor den Azteken,
glaubten das.
Irgendwann verschwanden sie
Sie bauten Gigantisches,
hinterließen aber
keine Schriften
Teotihuacan
Die Azteken zerstörten
diese Pyramiden
nicht,
sondern
celebrierten in ihnen
ihre eigenen Rituale.
Wir sind eine Mischung
tres culturas
indigen
hispanisch
mexikanisch
Kulturen
der
contrarios:
Tod
und
Leben
Mann
und
Frau
Gott der Sonne
Göttin des Mondes
Die Toten werden gefeiert
weil sie zum Leben
gehören.
Die Toten
in Mexico
sind
sehr cool
lässig
sitzen sie herum
falten
ihre
Pappmaché-Skelett-Hände,
lesen gelehrte Bücher
sorgfältig
elegant
oder traditionell
gekleidet
Besame mucho
Küss mich. Küss mich
Auch in meinem Hotel
finden sich welche
zur Begrüßung
Hier ging es mir gut
nach vielen Stunden
im Himmel
zurück
glücklich klüger