Wutgesang des Jona
Ich, Jona, saß unter der Staude des Herrn,
ich heulte, ich spie, ich zeterte, und
wütend riß ich mir die Seele in Fetzen.
Ich, Jona.
Ich bin ich.
Ich, Jona.
Ich will gut sein. Ich bin gut. Ich bin ein
Prophet.
Ihr werdet untergehen.
Ich muß handeln.
Ich, Jona, saß unter der Staude des Herrn und wütete.
Die Sonne brannte mir auf die Brust.
Meine Brust war rot und schmerzte.
Ich heulte und sagte: Ich kann nicht.
Du, Gott, ich kann nicht, ich will nicht,
Du läßt ihnen alles durchgehen.
Aah! Und da wuchs diese Staude,
diese herrliche, riesenhafte Staude,
über Nacht in meinem Garten.
Es regnete, und sie wuchs.
Sie wuchs mir über den Kopf.
Ihre Blätter wie Klauen –
ich könnte mich ergeben.
Mein Zorn wurde kühl und grau
unter ihren Klauen.
Ich atmete wie nie.
Ich war ein Schattenmann.
Eine Grauheit von Schatten.
Meine Brust verblaßte.
Ich aß, ich trank, ich legte mich
hin, kauerte mich hin wie
ein Kind und weinte wie der
Regen weinte mit mir.
Ich bin Jona, der Prophet.
Ich zürne.
Ihr habt Unrecht.
Aber wird ER etwas dagegen tun?
Wird er Euch bestrafen?
Euere Art, alles Nichts zu machen?
Meine große gottesferne Stadt verschlingen?
Ja, ich bete,
ich zürne.
Ich bin Gott. Gott Jona..
Wer will mir meine Staude klauen?
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Ich, Jona, sitze nun unter der Staude des
Herrn und träume.
Ich träume von meinem großen Fisch,
der mich hält, der mich schaukelt
durch die Meere hinweg.
Ich, Jona, schreie wie ein Kind.
Ich Jona habe Hunger wie ein Kind.
Ich Jona.
Mein Fisch.
Mein Herr.
Wer befiehlt mir? Wer ruft mich?
Wer hört mich?
Was soll ich tun?
Meine Stimme versagt unter der
Sonne.
Meine Schattenstimme ist kühl und grau.
Ach, meine Staude, ach meine riesige, giftige
Bärenklaustaude hilft mir meine
Brust zu heilen.
Ich, Gott Jona, sitze unter meiner Staude
und warte auf Gerechtigkeit.
Ich, Gott Jona, sehe zu, wie die Bosheit
bereut oder nicht bereut.
Wie die Stadt versengt wird von
ihrer Nichtigkeit.
Ich bekehre Euch nicht.
Ich drohe Euch mit Gerechtigkeit.
Ich werfe mich ins Wasser
und lasse mich retten.
Ich bin unsterblich.
Ich, Jona, sitze unter meiner
Staude und fletsche die Zähne.
Ich habe gegessen, ich habe getrunken.
Nichts wird mir weh tun.
Ich Schattenmann,
Ich Schattengott.
Ich, Jona, Schattengott, saß die ganze Nacht
unter meiner Staude und habe
gezürnt.
Vor Zorn habe ich kein Auge zugetan.
Meine Brust brannte wieder als wäre es
tagsonnenhell.
Meine Gedanken tankten aus
meinem Zorn.
Meine Staude verdorrte.
Ich habe sie mit Tränen begossen.
Mit Tränen, die zu bald versiegten.
Ich konnte nicht mehr weinen.
Dieser Wurm, der meine Staude biß und
verdorren ließ –
ich könnte ihn treten, verbrennen,
zerstückeln –
Ich, Jona, Gott Jona
Keiner soll mehr mein Unrecht fürchten.
Denn ich bin gerecht.
Ich bin Jona, der rechte Gott.
Ich setze mich in meinen Träumen
in meinen großen Fisch, um
zu schreien.
Hier werde ich gehört.
Der Magen dieses Fisches
hat gewaltige Säfte. Wenn sie
sich regen, ist’s wie das
Meer.
Ich lebe in einem gewaltigen Krach.
Ich träume von weißen Zähnen
und langen, langatmigen
Schlünden.
Ich sitze in diesem schaukelnden
Magen und weine.
Ich Jona, will allein sein und weinen.
Jona weint.
Jona ist allein und weint.
Ein Wurm, der weint.
Ein Wurm, der verdorren macht.
Es gibt keine Staude, es gibt keine
Gerechtigkeitsstaude.
Ich sitze in diesem Krach und weine.
Hört ihr mich?
Hört ihr mich, wie ich
sitze und weine?
Ich habe geschlafen.
Die Sonne brennt wieder.
Schlaff hängen die Blätter meiner
Staude über mir.
Ich bin aufgewacht.
Ich werde essen, ich werde schlafen.
Ich werde meinen Weg kehren.